Von „Alles abonnieren“ bis Zwangsversteigerung
Wie finden wir ein Grundstück zum Bauen? Diese Frage hat uns auch etwa drei Jahre lang beschäftigt. Dabei ist die Suche auch eine Evolution und letztlich das Abwägen der eigenen Wünsche. Was hat Priorität? Was ist ein „must have“, was lediglich ein „nice to have“? Und, wenn ihr als Paar sucht, ist die Grundstückssuche auch Arbeit an der Beziehung. Wer hat welche Wünsche, worauf wird eingegangen, was kann vernachlässigt werden? – Immerhin, wenn ihr auf diesem Beitrag gelandet seid, seid ihr schon einen wichtigen Schritt gegangen: Ihr habt euch darauf geeinigt, dass es ein Neubau werden soll! Das war bei uns lange auch nicht klar – für mich hätte auch eine (große) Wohnung mit U-Bahn-Anschluss in Hamburg gereicht – Spoiler-Alarm: Wir bauen in einer 20.000-Seelen-Gemeinde.
Vorgehen bei der Suche nach einem Baugrundstück
Wenn die Entscheidung steht, dass es das Eigenheim werden soll, begibt man sich, wie in unserem Fall, auf die Suche nach einem passenden Grundstück.
Vorbereitung: Finanzierung bei der Bank klären, um schnell handeln zu können
Ein Punkt ist bei unserer gesamten, jahrelangen Suche essentiell gewesen: Um schnell handeln und im Zweifel einen Glücktreffer landen zu können, ist die Vorbereitung das A und O. Geht am besten so früh wie möglich zur Bank und klärt eure persönlichen finanziellen Verhältnisse.
Das geht bei einigen Kreditinstituten schneller, bei anderen eher langsamer. Gut ist es, eine generische Finanzierungszusage in der Hinterhand zu haben, auf der euch, vereinfacht gesagt, einfach eure Solvenz bis zu einem bestimmten Betrag bescheinigt wird. Das ist in großen Neubaugebieten etwa der Fall, wenn alles von einem oder wenigen Bauträgern vermarktet wird. Die akzeptieren aber meistens auch den eigenen Bank-Vordruck. Wir haben die Erstzusage beispielsweise über Interhyp gemacht. Finanziert haben wir letztlich mit unserer Hausbank- ein Beitrag dazu folgt.
Grundstück finden: Newsletter abonnieren
Wenn ihr die Region festgelegt habt, in der ihr sucht, ist die erste wichtige Handlung: Newsletter bei lokalen Maklern bestellen und Gesuche dort und auf allgemeinen Plattformen aufgeben. Auch auf Ebay Kleinanzeigen wird gesucht. Und gefunden! Wir haben ein paar Fälle erlebt, in denen zum Beispiel ein Doppelhaus-Baupartner über die Kanäle gefunden wurde. Für uns war das nichts, aber wer ein solches Gesuch aufgibt, baut sein Wunschhaus zu seinen Konditionen mit dem von ihm ausgewählten Bauträger. Das war nicht unsere Vorstellung und nicht unsere Hausgröße.
Übrigens leiten euch auch die Grundstückspreise und die benötigte Grundstücksgröße hin zu einer passenden Region. Wir haben festgestellt, dass wir mindestens 600 Quadratmeter Grundstück brauchen würden, um unser Wunschhaus zu bauen. Finanziell hätte das in Hamburg unsere Möglichkeiten überstiegen, egal, wie wir es gedreht hätten. Und wir haben wirklich viel hin und her überlegt, auch hinsichtlich der Bebauung eines größeren Grundstücks (bei dem tendenziell der Quadratmeterpreis sinkt) mit Doppelhaus und Verkauf/ Vermietung der zweiten Hälfte.
Zwangsversteigerungen im Auge behalten
Ein guter Tipp, den wir erhalten haben, waren auch Zwangsversteigerungen. Das kann sich insbesondere deshalb lohnen, weil man eventuell auch auf die zuständige Bank oder Schuldner/ uneinige Parteien zugehen kann, um vor der eigentlichen Versteigerung ein Ergebnis zu erwirken. Wir haben es bei den zuständigen Amtsgerichten ausschließlich so erlebt, dass man jeweils eine Bietsicherheit leisten musste. Diese betrug 10 Prozent vom Start-Versteigerungspreis. Das heißt, auch hier müsst ihr in der Vorbereitung im Zweifel auf eure Bank zugehen. Eine Bankbürgschaft war eine Option, die die Amtsgerichte nicht gern gesehen haben und auf die wir nicht zurückgreifen konnten.
Leider kam es durch Corona und Zutrittsbeschränkungen wiederholt nicht zum Termin eines für uns interessanten Baugrundstücks, sodass wir letztlich anders fündig geworden sind.
Flyer gestalten und wirklich jedem erzählen, dass ihr ein Grundstück sucht
Neben der Mundpropaganda – ihr solltet wirklich jedem, Arbeitskollegen und entfernte Verwandte eingeschlossen, erzählen, was ihr sucht – haben wir im späteren Verlauf auch einen Flyer gestaltet, auf dem wir unsere Familie vorgestellt haben und in groben Zügen umrissen haben, für welchen Zweck wir suchen. Den haben wir dann vervielfältigt und in unseren bevorzugten Wohngegenden bei Eigentümern eingeworfen, deren Garten groß genug aussah (am besten vorher mit Bebauungsmöglichkeiten gegenchecken) oder deren Haus so alt und baufällig aussah, dass man es ohnehin würde abreißen müssen. So könnte man zumindest an Grundstücke kommen, die vielleicht noch gar nicht auf dem Markt sind. Oder Makler umgehen, deren Gebühren ja auch recht happig sind.
Bebauungspläne checken, Grundstücksgröße ableiten
Was wir auch vorher nicht wussten, ist, welche Mindestgröße unser Grundstück haben müsste, um für uns einen „Wohlfühlfaktor“ zu erreichen. Theoretisch kann man ja auf ein 350 Quadratmeter großes Grundstück eine Grundfläche von 170 Quadratmetern setzen. Praktisch geht das aus mehreren Gründen nicht.
- Grund 1: Abstand zum Nachbarn. Im deutschen Gesetz gibt es Abstandsgebote, die den Abstand zu den benachbarten Grundstücken regelt und je Bundesland unterschiedlich ist.
- Grund 2: Bebauungsplan (B-Plan). In den Fällen, in denen ein Bebauungsplan für ein Wohngebiet besteht, gibt es meistens zwei Zahlen, die das Beispiel oben unmöglich machen: Die GRZ und die GFZ. Diese regeln Grundfläche des Hauses in Abhängigkeit von der Grundstücksgröße und die maximale Größe der einzelnen Geschosse. Ein Beispiel: Ein Grundstück ist 500 Quadratmeter groß und es gibt eine GRZ von 0,2. Das ist in Hamburg sehr üblich und legt fest, dass das Haus eine maximale Grundfläche von 100 Quadratmetern haben darf (20 Prozent oder 0,2 x 500 Quadratmeter). Die Terrasse zählt in Hamburg dazu, daher hätten wir unser Wunschhaus mit Außenmaßen von 9 x 11 Metern nicht bauen dürfen – auf eine Terrasse wollten wir da nämlich nicht verzichten. Letztlich war das preislich ein Ding der Unmöglichkeit, daher mussten wir unseren Suchfokus auch
- Grund 3: §34 Nachbarschaftsbebauung. In Wohngebieten ohne Bebauungsplan (meist die mit älterem Baubestand, z.B. Häusern aus den 70ern bis 90ern) muss man sich an der umliegenden Bebauung orientieren. Dazu werden meist die unmittelbaren Nachbarn links/ rechts/ gegenüber oder im Straßenzug genommen,
- Grund 4: Bautiefe. Die Bautiefe ist meistens ebenfalls in Bebauungsplänen geregelt und macht euch unter Umständen auch einen Strich durch die Rechnung, wenn ihr große Pläne habt, weil ihr nur bis zu einem bestimmten Abstand von der Straße aus gerechnet bauen dürft.
Unterhaltungen über hypothetische No-Go’s bringen nichts
Bei den teilweise irrwitzigen Vorgaben in deutschen B-Plänen solltet ihr nicht den Versuch starten, von vornherein auszudiskutieren, mit was für Einschränkungen ihr leben könnt und mit welchen nicht. Wir haben es immer von Fall zu Fall abhängig gemacht. So gab es in Hamburg mal jemanden, der seinen Garten zur rückwärtigen Bebauung verkauft hat. Allerdings sah der B-Plan vor, dass im der Kniestock im Obergeschoss maximal 50 cm betragen durfte. Für unsere Vorstellung nicht praktikabel, nur Schrägen und keine senkrechte Wandfläche zu haben. Auch mit Erkern hätte man sich nicht behelfen können. Im Gegensatz dazu regelt unser jetziger, noch nicht final verabschiedeten B-Plan, dass die Fassadenfarbe nur im Rot-Ton zulässig ist. Wir haben das als sinnvollen Trade-Off angesehen, da wir durch geschickte Verhandlungen zwischen Bauantragsabteilung und Bauabteilung der Stadt zumindest die Dachkante nicht herabsetzen mussten und dadurch die Wohnfläche reduziert hätten. Mehr dazu in unserem Beitrag zum Verhandlungsgeschick mit der Baugenehmigung.
Sich aber Gedanken machen zu wollen über jede Kleinigkeit, bringt vorab rein gar nichts. Und glaubt mir, so viel Phantasie könnt ihr gar nicht haben, wie teilweise in deutschen Bebauungsplänen geregelt ist. Das reicht von Farbgestaltung des Hauses über Hecken, die nur aus einer kleinen Liste zulässiger Pflanzen ausgewählt werden können, eine bestimmte Maximalhöhe nicht überschreiten dürfen, bis hin zu der Vorgabe, keinen Kompost auf dem Grundstück anlegen zu dürfen.
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