Hamburg – Ijmuiden (Amsterdam): 503 km | Fähre Ijmuiden – Newcastle: 17:30-09:15 Uhr (+1 Tag)
Den Vorsatz, zu einer bestimmten Uhrzeit loszufahren, hält man mit kleinen Kindern meist nicht ein. Auch wenn man am Abend vorher das Auto nahezu komplett gepackt hat und nur noch die Dinge „reinwerfen“ muss, ohne die man in der Nacht (Babyphone, Fläschchen, Milchpulver und co.) oder am nächsten Morgen nicht auskommt (Zahnbürsten).
Zwar legt die Fähre erst heute Abend um 17:30 Uhr in Ijmuiden hinter Amsterdam ab und theoretisch ist genug Zeit, um bequem gegen 9:30 Uhr loszufahren und vor 16 Uhr anzukommen – dann ist Check-in Ende für Passagiere mit Auto. Bei gut 500 Kilometern ist ein Puffer von 1,5 h gut geplant und wenn wir eher am Schiff sind.
Ein kranker Elternteil und somit wenig Hilfe beim „Die-letzten-Dinge-zusammenpacken“ sowie Stau um Hamburg und auf der weiteren Strecke, ein drohendes Windelgate unmittelbar nach der Abfahrt von zu Hause (die erste große Kreuzung war kaum passiert, da guckte erst das kleinste Persönchen mit hochrotem Kopf vom Beifahrersitz, nur damit sich kurz darauf ein unangenehmer Duft im Auto breit machte): so schmolz der Puffer dahin, bis die ungefähre Ankunftszeit im Navi zwischenzeitlich auf bedrohliche 15:45 Uhr vorrückte. Auch die obligatorische Pipipause, immerhin schon hinter der niederländischen Grenze, trug nicht zur Entspannung beim Fahrer bei.
Allerdings passiert in 5 Stunden auf europäischen Straßen auch etwas und die Verkehrslage entspannte sich wieder, sodass wir inklusive Pause doch mit gut einer halben Stunde Puffer ankamen und endlich auch Oma und Opa begrüßen konnten, die gut zwei Stunden früher eingetroffen sind und sich mit einem Ausflug in den Supermarkt die Zeit vertrieben hatten.
„Brexit sei Dank“ konnten wir das erste Mal durchatmen, als wir uns in die Warteschlange des Fährterminals einreihten und die Kids aus ihren Sitzen befreien konnten, da es wegen Check-in-Formalitäten und Passkontrolle nur sehr schleppend voranging. Immerhin bekommt man in dem Zuge auch direkt seine Kabinenkarten ausgehändigt.
Der Parkvorgang auf der Fähre war problemlos und so konnten wir mit dem für eine Nacht vorbereitet gepackten Gepäck den kurzen Weg zur Kabine antreten. Da man während der Überfahrt nicht zum Auto darf, musste wirklich alles mit. Wir haben die günstigste Kabinenklasse gebucht und ein Viererzimmer mit Etagenbetten bekommen. Zugegeben nicht die idealste Wahl, um mit einem neun Monate alten Entdecker und einem zweijährigen Flummi die Nacht zu verbringen, und ein Reisebett wollte auf die gefühlt 10 Quadratmeter Kabine nun wirklich nicht passen. Wir hatten vorgesorgt und einen Rausfallschutz für ein Erwachsenenbett mitgebracht (den bekam der Kleinste) und das übrige Bettzeug als Polster auf den Boden gelegt, damit die Große wenigstens weich fällt, falls sie fällt.
Nicht die bequemste Nacht der Welt, aber letztlich kein Problem und das gesparte Geld gegenüber der größeren Kabinenkategorie kommt uns sicher im Urlaub noch zugute.
Auf der Fähre konnte man sich bis zur Schlafenszeit gut die Zeit vertreiben. Bis zum Beginn der Live-Musik haben wir gemütlich in einer der Bars gesessen, allerdings war die, obwohl nicht schlecht, etwas zu laut für kleine Kinderohren, sodass wir uns mit den Getränken einen neutralen Sitzplatz auf Deck 9 gesucht haben. Das Wetter lud nicht gerade ein, den Außenbereich des Schiffs zu erkunden, aber da wir um 20 Uhr auch die Bettgehzeit einläutet haben, waren wir nicht böse drum. Die Viererkabine hatte übrigens Meerblick, im Gegensatz zum Doppelstockbett meiner Eltern. Die verschafften sich allerdings auf Deck 8 einen leichten Lärm-Vorteil, denn zwei Decks weiter unten in unserem Domizil konnte man doch recht deutlich die Motorengeräusche und irgendein anderes unregelmäßiges Knarzen hören. Für gerade geschlüpfte Erdenbürger sehr gut und statt Föngeräuschen oder der Dauerdunstabzugshauben-Playlist von Spotify eine kostenlose und Strom sparende Alternative für besseren Schlaf. Für den Rest eher gewöhnungsbedürftig.
Ebenfalls in diese Kategorie fällt auch ein Jahr danach immer noch der Brexit und die damit verbundenen Konsequenzen. Nach Passkontrolle Nummer eins auf niederländischem Boden folgte am kommenden Morgen Passkontrolle Nummer zwei. Das machte das Deboarding zur Geduldsprüfung. 09:15 Uhr Ortszeit legt der Kahn an, etwa eine Viertelstunde vor Ankunft darf man als Autofahrer wieder zu seinem Fahrzeug. Ab dann heißt es Warten. Erst darauf, dass sich überhaupt etwas vom Schiff herunter bewegt, denn natürlich gibt es nicht nur ein einziges Autodeck. Dann in einer Warteschlange direkt vor dem Anlegeplatz. Zu guter Letzt dann in der Passkontrolle selbst. Diese ganze Prozedur hat sage und schreibe anderthalb Stunden gedauert, sodass wir erst um 10:45 Uhr wirklich aus Newcastle losfahren konnten.
Unser Weg führte uns durch den Tyne Tunnel (unter dem Fluss her), für den man mangels Mauthäuschen (toll booth) ausschließlich online oder per Telefon 1,99 GBP pro Fahrt und Auto unter Angabe von Nummernschild, Name und Anschrift zahlt. Keine Sorge, das kann man auch noch bis Mitternacht am Tag nach der Durchfahrt machen – man muss es nur wissen. Gut, dass einer von uns aufgepasst hatte, sonst hätte uns vermutlich Monate nach dem Urlaub ein britisches Knöllchen erreicht (oder wären wir wohl Brexit sei Dank davon verschont geblieben?).
An den Linksverkehr hatten wir uns schnell gewöhnt, auch ohne Steuer auf der anderen Seite. Und da unser Auto einen digitalen Tacho hat, konnten wir die Familienkutsche auch fix auf Meilen trimmen, sodass unser Tempomat mit Verkehrszeichenerkennung nun nicht mehr meint, auf 70 km/h herunterregeln zu wollen, wenn 70 mp/h (rund 110 km/h) erlaubt sind.
DFDS Fähre von Amsterdam nach Newcastle
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